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Prozess um kubanische Schulden in Großbritannien

31.01.2023

Ein Rechtsstreit zwischen Kuba und einem Private-Equity-Fonds um unbezahlte Millionen-Schulden aus der Castro-Ära könnte für Kuba teuer werden.

Vor dem britischen Royal Court of Justice in London hat in der vergangenen Woche ein Prozess um einen Teil der Altschulden Kubas begonnen, die bis in die 1980er Jahre zurückreichen. Verliert Kuba, könnte dies das Land Milliarden an längst überfälligen Zahlungen kosten – und im schlimmsten Fall zur Beschlagnahmung von kubanischen Vermögenswerten im Ausland führen.

Der 2009 auf den Kaimaninseln gegründete Private-Equity-Fonds CRF I Limited hat Kuba und die Nationalbank von Kuba (BNC) verklagt und fordert die Zahlung von rund 72 Millionen US-Dollar für zwei Darlehen und überfällige Zinsen, die dem Inselstaat in den 1980er Jahren gewährt wurden. Die fraglichen Kredite lauteten auf Deutsche Mark, eine Währung, die nicht mehr existiert.

Nachdem eine außergerichtliche Einigung 2018 nicht zustande kam, landete der Fall vor dem höchsten britischen Gericht. Die Zentralbank von Kuba (BCC) erklärte, dass sie die CRF nicht als Gläubiger anerkennt. Der Fonds habe die kubanischen Schulden nicht rechtmäßig erworben.

In einer vor Prozessauftakt veröffentlichten Erklärung bezeichnete Kubas Zentralbank CRF I als „Geierfonds“ und wies darauf hin, dass die BNC als Schuldnerin nicht mehr als Zentralbank fungiere. Die BCC wurde 1997 gegründet, um viele der Funktionen der BNC zu übernehmen. „Seitdem ist der BNC nicht mehr befugt, im Namen der kubanischen Regierung zu handeln. Ebenso wenig kann sie die Abtretung von Staatsschulden ohne vorherige Genehmigung des Ministeriums für Finanzen und Preise und des Ministerrats genehmigen, da der BNC unter keinen Umständen die Abtretung von staatlichen Garantien (Staatsgarantien) genehmigen kann.“

Zudem soll es bei der Übertragung der Schuldentitel an CRF I zu Korruption gekommen sein. Die mutmaßlich verantwortlichen kubanischen Bankmitarbeiter sitzen in Kuba im Gefängnis. Sie machen per Videoschalte ihre Aussagen vor Gericht. CRF argumentiert dagegen, dass die Abtretung der vertraglichen Rechte an den 72 Millionen US-Dollar Schulden, die zuvor von der ICBC Standard Bank, einer britischen Tochtergesellschaft der chinesischen Bank ICBC, verwaltet wurden, rechtmäßig war.

Investoren wie CRF kaufen in der Regel Portfolios notleidender Schuldner wertgemindert auf und verklagen diese dann vor internationalen Gerichten auf Zahlung des vollen Betrags. Die Bank, die das Darlehen zunächst gewährt hat, erhält einen Teil davon zurück, ohne ein internationales Schiedsverfahren zu durchlaufen, und der Fonds, der die Einziehungsrechte behält und das Land verklagt, wird seine ursprünglichen Kosten wahrscheinlich um ein Vielfaches hereinholen. Es können also sehr profitable Geschäfte sein.

CRF I versichert, kein „Geierfonds“ zu sein und verweist darauf, dass man jahrelang versucht habe, mit Kuba über eine Umstrukturierung der Schulden zu verhandeln, ohne eine Antwort zu erhalten. „Wir sind immer noch offen für Gespräche mit der anderen Seite, selbst in diesem späten Stadium des Falles“, sagte CRF-Präsident David Charters gegenüber der britischen Nachrichtenagentur Reuters. Laut den Prozessunterlagen hält CRF kubanische Staatsschulden im Wert von etwa 1,2 Milliarden Euro, was nicht bedeutet, dass er die vertraglichen Rechte hat, diese einzutreiben.

Der Fall wird von anderen Gläubigern genau beobachtet, die versuchen, Kredite im Wert von  insgesamt 7 Milliarden US-Dollar von Havanna zurückzuerhalten. Im Sommer 2021 einigte sich die kubanische Regierung mit dem Pariser Club staatlicher Gläubiger auf einen Zahlungsaufschub. Kuba hatte wegen der durch die Coronapandemie ausgelösten Krise und der Verschärfung der US-Blockade seine Schulden nicht mehr bedienen können. Im Jahr 2015 hatte die Insel ein historisches Abkommen mit dem Pariser Club unterzeichnet. Die Schuldenvereinbarung mit dem Pariser Club erließ Kuba 8,5 Milliarden US-Dollar der seit 1986 aufgelaufenen Gesamtschulden in Höhe von 11,1 Milliarden US-Dollar. Die Rückzahlung der Restschuld in Höhe von 2,6 Milliarden US-Dollar in jährlichen Raten wurde bis 2023 zurückgestellt und ein Teil dieser Gelder für Investitionen in Kuba bereitgestellt. Mit seinen kommerziellen Gläubigern im so genannten Londoner Club aber hat Kuba keine Einigung erreicht und bleibt deswegen von den internationalen Kapitalmärkten ausgeschlossen.

In dem Londoner Gerichtsprozess soll nun zunächst festgestellt werden, ob CRF ein rechtmäßiger Gläubiger ist oder nicht. Danach kann dann in einem gesonderten Verfahren über eine Rückzahlung entschieden werden. Anfang Februar soll es das Urteil geben.

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