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Kuba sucht Hilfe bei seinen Verbündeten

28.11.2022

Von einer Reise nach China, Türkei, Russland und Algerien bringt Kubas Präsident eine Reihe von Abkommen mit. Großen Raum nahm das Thema Energie ein.

Auf der letzten Station seiner zehntägigen Staatsreise ist Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel Ende November in Peking mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping zusammengetroffen. Beide Seiten sagten sich dabei die gegenseitige Unterstützung ihrer „grundlegenden Interessen“ zu. Xi brachte seine Unterstützung für Kubas Souveränität zum Ausdruck und verurteilte die „ausländische Einmischung und Blockade“ der USA. China werde „sein Möglichstes tun“, um Kuba zu unterstützen.

China

Beide Länder unterzeichneten zwölf Abkommen über Handel, Finanzen und die „Zusammenarbeit in Bereichen von gegenseitigem Interesse“, darunter eine Absichtserklärung zum Ausbau der Zusammenarbeit im Rahmen von Chinas Handelsprojekt der Neuen Seidenstraße. Kuba hatte sich der Initiative vor knapp einem Jahr angeschlossen. Außerdem unterzeichneten Kubas Ministerium für Außenhandel und Auslandsinvestitionen (MINCEX) und das chinesische Handelsministerium eine Vereinbarung zur Stärkung der Zusammenarbeit in Wirtschaft und Handel. Neben einem Plan für politische Konsultationen zwischen den Außenministerien beider Länder sowie einem Abkommen über den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen der Kommunistischen Partei Kubas und der Kommunistischen Partei Chinas wurden verschiedene Spenden in Form von Medikamenten, medizinischen Geräten, Lebensmitteln und Rohstoffen, sowie eine Notfall-Bargeldspende übergeben.

Díaz-Canel war neben Präsident Xi auch mit dem Präsidenten des Chinesischen Volkskongresses, Li Zhanshu, sowie mit Chinas Premierminister Li Keqiang zusammengetroffen. Während des Treffens erörterten sie die Möglichkeiten eines weiteren Ausbaus der Wirtschaftsbeziehungen und einer stärkeren Beteiligung chinesischer Geschäftsleute in Kuba.

Laut einem Bericht der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina ist der bilaterale Handel zwischen China und Kuba im Jahr 2021 um 7,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen, in den ersten drei Quartalen dieses Jahres habe sich die Ausweitung des Handels fortgesetzt; und bei den Einfuhren von der Insel sei ein Anstieg um 18,1 Punkte zu verzeichnen. Beide Länder arbeiten unter anderem in den Bereichen Landwirtschaft, erneuerbare Energien, Biopharmazie, Information und Kommunikation, Tourismus und Infrastruktur umfassend zusammen.

Mit dem Besuch in China schloss Kubas Präsident Díaz-Canel seine Auslandsreise ab, die ihn zuvor nach Algerien, Russland und in die Türkei führte, wo es ebenfalls vor allem um die Stärkung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen ging. Begleitet wurde er von Außenminister Bruno Rodríguez, Wirtschaftsminister Alejandro Gil und Außenhandelsminister Rodrigo Malmierca. Allein die Aufzählung macht die Bedeutung der Reise deutlich. Man werde auf den einzelnen Stationen „wichtige Themen für unser Land ansprechen, die im Wesentlichen mit dem Energiesektor zusammenhängen", so Díaz-Canel per Tweet vor Abflug.

Der Energiesektor ist für Kuba dieser Tage von entscheidender Bedeutung, Denn zu der notorischen Versorgungskrise hat sich in den vergangenen Monaten eine Energiekrise gesellt. Die kubanischen Wärmekraftwerke sowjetischer Bauart sind in einem bedauernswerten Zustand und dringend überholungsbedürftig. Immer wieder kommt es zu Ausfällen infolge von Havarien oder Brennstoff- oder Ersatzteilmangel. Stundenlange Stromabschaltungen gehören mittlerweile wieder zum kubanischen Alltag.

Türkei

Um das Thema Energie ging es denn auch bei Díaz-Canels Besuch in Ankara. Die Türkei ist in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Energiepartner Kubas geworden. Díaz-Canel und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan waren sich bei ihrem Treffen über die Notwendigkeit einer verstärkten bilateralen Zusammenarbeit einig. Erdogan bekräftigte die Entschlossenheit beider Seiten, das bilaterale Handelsvolumen auf 200 Millionen US-Dollar zu steigern. „Wir sehen, dass das Interesse unserer Unternehmen an Kuba gestiegen ist. In der kommenden Zeit werden die Investitionen türkischer Unternehmen in Kuba noch weiter zunehmen“, zitiert das kubanische Onlineportal Cubadebate den türkischen Präsidenten.

Díaz-Canel betonte seinerseits, dass ein gegenseitiges Interesse an einer Zusammenarbeit in den Bereichen Biotechnologie, erneuerbare Energien, Tourismus, Landwirtschaft, Viehzucht, Kultur und Bildung bestehe. Er dankte Erdogan für die Unterstützung des Türkischen Präsidiums für Internationale Kooperation und Koordination (TİKA), der staatlichen Entwicklungshilfeorganisation, bei der Durchführung gemeinsamer Projekte in Kuba in der Landwirtschaft und anderen Schwerpunktbereichen. Während des Besuchs des kubanischen Präsidenten in der Türkei wurden sechs Abkommen in Bereichen wie Bankwesen, Kommunikation und Information sowie Kultur und Diplomatie unterzeichnet.

Gesprochen wurde auch über Schuldenerlass, Finanzhilfen, sowie Export- und Importmöglichkeiten (d.h. verlängerte Zahlungsfristen). Beide Seiten haben bereits in der Vergangenheit Vereinbarungen zur Umstrukturierung von (staatlichen und kommerziellen) Schulden getroffen. Dabei geht es u.a. um die in Kuba eingesetzten türkischen Kraftwerksschiffe.

Erst Mitte November ist ein weiteres aus der Türkei kommendes schwimmendes Kraftwerk im Hafen von Havanna eingetroffen, das helfen soll, Kubas Stromerzeugungskapazität zu verbessern. Die nun schon siebte Anlage dieser Art ist das Ergebnis einer im Oktober 2018 unterzeichneten Vereinbarung zwischen Kuba und dem türkischen Unternehmen Karadeniz Holding. Das war zunächst auf 51 Monate angelegt, wäre also Ende dieses Jahres ausgelaufen. Im November 2021 wurde eine neue Zusatzvereinbarung unterzeichnet, um die bereitgestellten Stromkapazitäten zu erhöhen und die Vertragslaufzeit um 18 Jahre zu verlängern. Kuba bezieht inzwischen fast 20 Prozent seines Strombedarfs über die türkischen Kraftwerksschiffe.

Russland

Nach Ankara war Díaz-Canel aus Moskau angereist. Dort war Kubas Präsident u.a. mit Wladimir Putin zusammengetroffen. Der russische Präsident und er weihten in der russischen Hauptstadt eine drei Meter hohe Bronzestatue für den kubanischen Revolutionsführer Fidel Castro ein und betonten dabei die „traditionelle Freundschaft“ zwischen beiden Ländern. Putin verglich die seit mehr als sechs Jahrzehnten bestehenden Sanktionen der USA gegen Kuba mit denen, die der Westen gegen Russland wegen des Überfalls auf die Ukraine verhängt hat. Díaz-Canel wiederum bezeichnete in einer Rede vor der Staatsduma die Sanktionen gegen Russland als einseitig und ungerecht und verurteilte sie scharf. Zwar macht die Regierung in Havanna die USA und die NATO für die Eskalation des Konfliktes verantwortlich, in den entsprechenden UN-Abstimmungen aber hat sich Kuba der Stimme enthalten.

Russland gilt Kuba als strategischer Partner. Beide Seiten haben in den letzten Jahren neue Abkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit geschlossen, auch wenn viele Projekte derzeit auf Eis liegen. Vor der Duma sagte Díaz-Canel, „dass die vollständige Entwicklung unserer Wirtschafts-, Handels-, Finanz- und Kooperationsbeziehungen noch aussteht, um sie auf das gleiche Niveau zu bringen, auf dem sich unsere politischen Beziehungen heute befinden.“ Das müsse Priorität haben.

Im Jahr 2019, also vor der Pandemie, belief sich der Handel zwischen Kuba und Russland auf rund 500 Millionen US-Dollar, wie der damalige stellvertretende Ministerpräsident Juri Borissow bei einem Besuch in Havanna im selben Jahr erklärte. Im Februar dieses Jahres gab die Duma die Umstrukturierung der jüngsten Schulden Kubas gegenüber Russland im Wert von 2,3 Milliarden US-Dollar bekannt und verlängere deren Rückzahlung bis 2027. Bereits 2014 hatte Moskau Kuba 90 Prozent der Schulden in Höhe von 35,3 Milliarden US-Dollar erlassen. Wohl nicht zuletzt wegen der Zahlungsschwierigkeiten Havannas stockt aber ein Großteil der vereinbarten gemeinsamen Wirtschaftsprojekte.

Dafür hat Russland in den vergangenen Monaten mehrere Sendungen humanitärer Hilfe auf die Insel geschickt. Auch ist Russland in der Coronapandemie zum wichtigsten Partner im Tourismus aufgestiegen und stellte in dieser Zeit mehr als 40 Prozent aller internationalen Gäste auf der Insel.

Kubas Minister für Außenhandel und Auslandsinvestitionen, Rodrigo Malmierca, sagte in einem Interview mit der Tageszeitung Granma, der Besuch von Präsident Díaz-Canel in Russland sei „sehr nützlich und gewinnbringend“ gewesen. Man habe über die Entwicklung gemeinsamer Projekte im Rahmen des Nationalen Entwicklungsplans bis 2030 gesprochen.

Malmierca erwähnte eine Reihe von Projekten, wie die Modernisierung von Antillana Acero (Eisen- und Stahlwerk, Anm.), die Investition in neue Technologien im Ölfeld Boca de Jaruco, die Sanierung des Mechanischen Werks Santa Clara (die Empresa de Producciones Mecanicas Fabric Aguilar Noriega ist das größte metallurgische Unternehmen in Zentralkuba, Anm.) und das Diagnose- und Wartungszentrum für Kamaz-Fahrzeuge in der Sonderentwicklungszone Mariel (ZEDM), bei denen man Fortschritte mache.

„Wir arbeiten an sehr wichtigen Themen für Kuba, wie Verkehr, Energie und sogar Bank- und Finanzfragen. Wir arbeiten daran, dass die MIR-Karten, die in der Russischen Föderation verwendet werden, auch in kubanischen Banken eingesetzt werden können, und das sollte bald Wirklichkeit werden“, erklärte der Minister. Das werde den Tourismus begünstigen. Auch sei man sehr an russischen Investitionen interessiert. „Wir haben auch über andere wirtschaftliche Interessen gesprochen, zum Beispiel die Einfuhr von Lebensmitteln, die Einfuhr einer Reihe von Rohstoffen und Produkten, die in Kuba zur Herstellung von Lebensmitteln verwendet werden können.“

Algerien

Den Auftakt der Reise hatte Algerien gemacht. In Algier führte Díaz-Canel Gespräche zum Ausbau der Zusammenarbeit in den Bereichen Gesundheit, Energie, erneuerbare Energien, medizinisch-pharmazeutische Industrie sowie kultureller, pädagogischer, wissenschaftlicher und technologischer Austausch. Wie Kubas Präsident gegenüber der Presse erklärte, wurde außerdem über eine gemeinsame Arbeit im Bereich der Zuckerproduktion gesprochen; auch habe man gemeinsam „einen Weg zur Neuverhandlung oder Umstrukturierung der Schulden Kubas bei Algerien“ geprüft.

Der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune sagte, man habe vereinbart, „die kubanische Wirtschaftslage ein wenig zu erleichtern, indem der Schuldendienst gestrichen und die Rückzahlung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wird“. Zudem werde Anfang 2023 eine algerische Regierungsdelegation mit einer Gruppe von 150 Investoren nach Havanna reisen, um Investitionsmöglichkeiten auf der Insel zu prüfen. Darüber hinaus schenkte Algerien Kuba ein Solarkraftwerk und sagte zu, die seit 2019 unterbrochenen Öllieferungen wieder aufzunehmen. Liefermengen wurden nicht genannt.

 

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